Hier erfahren Sie mehr zu der Gründungsgeschichte des Zentrums für Frauen- und Geschlechterforschung.

Bitte beachten Sie, dass die derzeitige Darstellung der Geschichte des FraGes unvollständig ist. Der Vorstand hat beschlossen, eine Recherche zu dieser Geschichte in Auftrag zu geben. Eine entsprechende Überarbeitung dieses Abschnitts ist für das SoSe 2023 geplant.

Gründung des Zentrums für Frauen- und Geschlechterforschung

  • 1994 
    Die Gleichstellungsbeauftragte, Frau Prof. Dr. Nagelschmidt, nimmt die
    Gründung eines Zentrums für Frauen- und Geschlechterforschung als
    Zielsetzung in ihren Gleichstellungsplan auf.
    Die Regionaltagung Geschlechterdifferenz und Amerikastudien in Deutschland wird durchgeführt.
  • SS 1994 
    Die fortan jedes Semester durchgeführte Ringvorlesung zu Geschlechterrollen
    im interdisziplinären Diskurs findet zum ersten Male statt.
  • 1995 
    Die Konferenz zu Louise Otto Peters: Politische Denkerin und Wegbereiterin
    der deutschen Frauenbewegung sowie Frauen nach 1989 werden
    durchgeführt.
  • 1996 
    Veranstaltung einer Konferenz zum Thema Frauenleben - Frauenkultur -
    Frauenliteratur in der DDR der siebziger und achtziger Jahre.
  • Juni 1997 
    Die Koordinierungsgruppe zur Gründung des FraGes tritt zum ersten Male
    zusammen.
  • 1998 
    Eine erste Konzeption geht an den Rektor sowie an den Prorektor für Forschung
    und wissenschaftlichen Nachwuchs.
    Das Kolloquium zu Philosophie der Geschlechterdifferenz,
    Geschlechterdifferenz der Philosophie findet statt.
    Seit 1998 werden jährlich an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät
    Forschungssymposien mit geschlechterrelevanten Themenstellungen
    durchgeführt.
  • 1999 
    Im Anschluss an die Diskussion der ersten Konzeption werden
    Nachbesserungen erforderlich, zu deren Zweck weitere Veranstaltungen
    stattfinden:
  • SS 1999 
    Kolloquien zu
    Sex and gender: Zur Konstruktion und Dekonstruktion der
    Zweigeschlechtlichkeit
    Zur Partizipation von Mädchen und Frauen an politischer Bildung
    Differenzen in feministischen Theorien am Beispiel von 'race' und Ethnizität.
  • November 1999 
    Internationale Konferenz zu Perspektiven der Frauen- und
    Geschlechterforschung
  • 2000 
    Die Koordinierungsgruppe bereitet die Gründung des Zentrums vor und erstellt
    die endgültige Konzeption. Es bilden sich Arbeitsgruppen zu den
    verschiedenen Projektideen.
  • WS 2000/01 
    An der Fakultät für Geschichte, Kunst und Orientwissenschaften findet die
    Vortragsreihe zu Geschlechterdifferenz und Identitäten statt.
  • November 2000 
    Der Senat bewilligt in seiner Sitzung am 14. November die Gründung des
    Zentrums.
  • Mai 2001 
    Die Tagung Olympe de Gouges - Menschenrechte für Frauen wird
    durchgeführt.
  • April 2001 
    Die Koordinierungsgruppe erarbeitet die Ordnung des Zentrums, welche vom
    Senat in der Sitzung am 8. Mai bestätigt wird.
    Am 2. April wurde aus der Koordinierungsgruppe heraus der erste Vorstand des Zentrums gewählt, erste Direktorin wird Frau Prof. Dr. Dorothee Alfermann (Institut für Sportpsychologie und Sportpädagogik), stellvertretende Direktorin wird Frau Prof. Dr. Ilse Nagelschmidt (Institut für Germanistik).
    Weitere Vorstandsmitglieder: Prof. Ortrun Riha (Karl-Sudhoff- Institut für Geschichte und Medizin), Prof. Dr. Barbara Lange (Kunstgeschichte), Dr. Petra Tzschoppe
    (Sportsoziologie), Prof. Dr. Steffi Richter (Japanologie), Dr. Annette Schad-Seifert (Japanologie), Melani Schröter (Germanistik).
  • Juni 2001 
    Erste Mitgliederversammlung des Zentrums.
  • Oktober 2001 
    Veranstaltung zur Feierlichen Eröffnung des Zentrums.

Aus dem Leipziger Universitätsmagazin anlässlich der Gründung des Zentrums für Frauen- und Geschlechterforschung

Geschlechterforschung und „Körperbilder“

Auftakt im neuen Zentrum FraGes

Am 25. Oktober 2001 fand im Alten Senatssaal die feierliche Auftaktveranstaltung des Leipziger Zentrums für Frauen- und Geschlechterforschung (FraGes) statt. Die Direktorin, Frau Professor Dorothee Alfermann, konnte zu der Veranstaltung rund hundert Gäste begrüßen, die von innerhalb und außerhalb der Universität Leipzig kamen.    

Die Sächsische Staatsministerin für die Gleichstellung von Frau und Mann, Frau Christine Weber, begrüßte in ihrem Grußwort die Gründung eines solchen Zentrums an einer so großen Universität, zumal es in Sachsen im Vergleich mit anderen Bundesländern einen Mangel an Einrichtungen zur Geschlechterforschung gebe. Da an der Leipziger Universität in der Mehrzahl der Fakultäten schon seit Jahren intensiv zu Themen der Frauen- und Geschlechterforschung gearbeitet werde, sei es an der Zeit gewesen, diese Aktivitäten nun durch ein solches Zentrum zu bündeln. Zum anderen hob sie den Bedarf der Politik an Forschungsvorlauf hervor, der angesichts der anstehenden Umsetzung von Gender Mainstreaming in Deutschland und Sachsen umso dringender bestehe. Um jede politische Entscheidung und Maßnahme im Vorfeld und in der Evaluierung auf ihre Auswirkungen auf Frauen und Männer hin zu überprüfen, bedürfe es einer großen Menge an Informationen zum Geschlechterverhältnis. Frau Ministerin Weber dankte der Gleichstellungsbeauftragten der Universität, Frau Professor Ilse Nagelschmidt, für die Initiierung der Bemühungen um die Gründung des FraGes und für ihr jahrelanges Engagement.

Frau Professor Britta Schinzel vom Institut für Informatik und Gesellschaft der Universität Freiburg hielt den Festvortrag über „Medizintechnische Körperbilder. Ein Beispiel für Gender Studies in den Naturwissenschaften.“ Für all diejenigen, die sich gewundert haben mögen, was denn nun Gender Studies ausgerechnet in den Naturwissenschaften zu suchen haben, führte Frau Professor Schinzel eingangs aus, dass gesellschaftliche Abläufe nicht mehr ohne Berührung mit Naturwissenschaften und Technik zu denken seien. Gesellschaftliche Abläufe bedeuteten jedoch immer auch Geschlechterverhältnisse. Für die Naturwissenschaften, Mathematik und Technik sei dabei zweierlei zu bedenken. Auf der einen Seite führe der Objektivitätsanspruch dieser Fächer dazu, dass sie sich als hermetischer und ahistorischer begriffen als geistes- und gesellschaftswissenschaftliche Fächer. Es falle ihnen daher schwer, epistemologische und historische Relativierungen und Kritik – wie sie sich aus der Geschlechterforschung ergeben – zu integrieren. Geschlechterrelationen hätten jedoch immer Auswirkungen auf das Selbstbild, auf das Erkenntnisinteresse und auf die inhaltliche und methodische Entwicklung der Forschenden. Nicht zuletzt bedinge dies auch Wissenschaftskulturen und damit fachspezifische Ein- und Ausschlussmechanismen für Frauen. Damit hänge auf der anderen Seite der geringe Anteil von Frauen in naturwissenschaftlich-technischen Fachrichtungen zusammen. Dies habe wiederum Auswirkungen auf Forschungsprozesse und Fachkulturen und bedinge auch methodische und inhaltliche Androzentrismen, die sich zum Schaden der Wissenschaften und – vermittelt über die Wissenschaft – auch der Gesellschaft auswirkten.

Als Beispiel für diese Zusammenhänge schilderte Frau Professor Schinzel im Folgenden aktuelle epistemische Veränderungen durch die Informatisierung in der Biomedizin. Bildgebende Verfahren erlaubten hier zuvor nicht möglich gewesene Körperbilder, die neue Informationen verbildlichten. Diese Verbildlichungen seien jedoch noch weniger als Fotografien reine Abbilder des Körpers oder seines Inneren, sondern Konstrukte, welche gleichzeitig auch neue Bedeutungen erzeugten. Mit computergraphischen Methoden, durch die Medizin und Biologie in zunehmendem Maße für Repräsentation und Diagnose zum Einsatz gebracht, schöben sich verschiedene – physikalische, mathematische und informatische – Medien zwischen den realen Körper und sein Abbild. Auf diesem Wege könnten jedoch Probleme entstehen: bei Messungen, bei der physiologischen Interpretation des Gemessenen, bei der Bildverarbeitung, bei der Zuordnung von Dargestelltem und Vorhandenem; und damit eben auch wissenschaftstheoretische und epistemologische Probleme. Theorie und Verfahren zeigten jedoch in der Praxis eine normative Wirkung, etwa in Bezug auf Definitionen von Gesundheit und Krankheit. Für medizintechnische Körperbilder bedeutete das unter anderem, dass diese selten unter geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten hinterfragt würden – und nach wie vor Frauen lediglich mit den von den als Normalmaß zugrunde gelegten Männerbildern abweichenden Merkmalen zur Darstellung gelangten. Das Risiko einer weiteren männlichen Prägung von Normalität und Maßstab liege zudem in dem Umstand begründet, dass diese hoch entwickelte Technik nur von Spezialistinnen und Spezialisten verstanden bzw. angewendet oder gar hinterfragt werden könne: Die dahinter stehenden Geschlechterhierarchien und -vorstellungen seien für Außenstehende kaum noch nachvollziehbar.

Die Auftaktveranstaltung wurde musikalisch bereichert durch Professor Adam Jones vom Institut für Afrikanistik (Violoncello) und Frau Professor Mariko Mitsuyu (Klavier) von der Leipziger Hochschule für Musik und Theater.

                                                                                                                                                                                                                         Melanie Schröter

Gründung des Zentrums für Frauen- und Geschlechterforschung

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Der erste Vorstand des FraGes ist im Halbkreis für ein Foto aufgestellt.
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Im Seminargebäude steht eine Gruppe von Frauen. Es handelt sich um die Direktorin und den Vorstand des Zentrums.
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Frau Nagelschmidt steht an einem Pult und hält eine Rede.

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